Impressionen vom ökumenischen Friedenszentrum in Hannover, 1.-3. Mai 2025
von Monika Matthias
Es war wie ein Ankommen an der Quelle lebendigen Wassers.
Sehr durstig war ich. Die beständige Militarisierung unserer Gesellschaft setzt mir zu.
Unsere Kirchen erlebe ich diesbezüglich als nahezu sprachlos. Papst Franziskus, der Krieg und Aufrüstung als eine Niederlage der Menschheit beklagte, der um Friedensbemühungen bat, sanft und dringlich, auch mit der beseelten Schöpfung, er ist nicht mehr sichtbar unter uns.
Und dann höre ich von dem ökumenischen Friedenszentrum parallel zum Kirchentag. Eine bundesweite Initiative „Christlicher Friedensruf Hannover 2025“ hat es auf den Weg gebracht. Zahlreiche Friedensinitiativen sind Kooperationspartner*innen, beispielsweise pax christi, peace4future, Arbeitergeschwister, DFG-VK, Internationaler Versöhnungsbund, IPPNW, Netzwerk Friedenssteuer, Sicherheit neu denken, church and peace…. Schirmherrin ist Dr. Margot Käßmann. Sein Ziel ist, so lese ich, eine mutige, starke, beherzte theologische Stimme gegen die Militarisierung der Politik und unserer Gesellschaft hörbar zu machen und einen christlichen Friedensruf ins Gespräch zu bringen. Friedensfähig statt kriegstüchtig.
Da will ich hin. Kurzentschlossen mache ich mich auf den Weg nach Hannover.
Es ist wie ein Ankommen an der Quelle lebendigen Wassers
Es ist wie ein Ankommen an der Quelle lebendigen Wassers. Das Liedblatt, das ausliegt, stimmt mich ein: Die EWIGE ist mein Licht. Gott, wir bitten für die Schmerzen dieser Welt, hör das Seufzen deiner Schöpfung. Haschiwenu. Wir singen viel mit den wunderbaren Musiker*innen Bärbel Fünfsinn und Bertold Becker. Eine politisch wache, ökologische und geschlechterbewusste Spiritualität trägt, bewegt, verbindet. Und dann erleben wir Bibelarbeiten und Vorträge und Workshops, die Horizonte weiten, berühren, ermutigen, begaben und beauftragen. Und wir kommen miteinander ins Gespräch und die Beratungen und Diskussionen finden mit tiefem Respekt in einem weiten geistigen Raum statt. Wie viel Erfahrungswissen, Kompetenz und Weisheit darf sich hier begegnen!
Stimmen und Impulse
Stellvertretend seien einige Vortragende und ihre für mich wichtigen Sätze genannt:
Prof. Dr. Margot Käßmann: „When they go low, we go high.“ (Michelle Obama). Ein Volk ohne Vision verwildert. (Sprüche 29, 18) Den Mythos der erlösenden Gewalt entzaubern.
Bischof Friedrich Kramer: Den Frieden geistlich verteidigen. Die Friedensfrage ist christologisch zentral. Wir brauchen Bereitschaftsschuhe, um das Evangelium des Friedens zu verkündigen.
Prof. Dr. Fernando Enns: Eine Theologie der Gewaltfreiheit, von Ostern her kommend, beginnend beim Kreuz. Friedenstheologie kann nur gelingen, wenn sie als soziales Ereignis geschieht.
Prof. Dr. Klara Butting: Friede – die Mutter aller Wesen. Beim Bibellesen befreien wir unseren Geist von der Logik der Gewalt.
Höhepunkt: Die Friedenssynode
Ein Höhepunkt ist die unabhängige Friedenssynode. Eine bundesweite Initiative „Christlicher Friedensruf Hannover 2025“ hat in einem langen, sorgsamen Prozess den Friedensruf vorbereitet. Er wird vorgestellt, sein Ernst geht unter die Haut.
So heißt es in der Einleitung:
„Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ lautet die Lehre daraus. Jetzt ist erneut von Kriegstüchtigkeit die Rede.
Jesus Christus aber sagt: „Selig sind, die Frieden stiften“. Die aktuellen Kriege sind für uns eine Mahnung zur Umkehr. Gottes Wort ruft uns, friedensfähig zu werden.“
In 7 Artikeln wird jeweils beginnend mit einem Zitat aus der Bibel entfaltet, was es heißt, friedensfähig zu werden. Wir konsultieren den Friedensruf in zwei Phasen. Dann erfolgt die öffentliche Verabschiedung des Friedensrufes mit „Friedensprotestation“. Nun geht er an die Presse. Zugleich soll er in den Gemeinden diskutiert werden. Der Friedensruf ist nicht Abschluss, sondern Eröffnung.

Dankbarkeit und Ausblick
Mit viel Dankbarkeit vollenden wir das ökumenische Friedenszentrum. Sehr dankbar sind wir den Initiatorinnen, stellvertretend seien Pfarrer Paul Bosler und Dekanin Susanne Büttner genannt, den Vortragenden, Referentinnen und Leitenden der vielen Workshops und der Schirmherrin Dr. Margot Käßmann. Wie viel Mut, Beherztheit und Stärke braucht es, eine solche Bewegung auf den Weg zu bringen. Dankbar sind wir für die Resonanz. Manche Erwartungen wurden übertroffen, die Beteiligung war beglückend, quantitativ und qualitativ, und die verauslagten 20 000 Euro sind über Spenden auch schon zusammen gekommen. Wir feiern ein Agapemahl mit Feigen und gehen mit der Vision: Alle werden wohnen unter ihrem Feigenbaum und Weinstock. Niemand wird sie aufschrecken. Und sie werden den Krieg nicht mehr erlernen.
Berlin, 4. Mai 2025, Monika Matthias, Pfarrerin i.R.
Weitere Infos: www.oekum-institut-Friedenstheologie.de
Zuerst veröffentlicht in der Evangelischen Wochenzeitung der EKBO „die Kirche“, Nummer 21, 18. Mai 2025